Reisebericht 2012 - Sommer

Bericht über die Reise 2012 nach Shimshal / Pakistan zu unserem Schulprojekt

Unsere Grund- und Mittelschule in Shimshal ist 10 Jahre nach unserer Vereinsgründung und 6 Jahre nach Fertigstellung zu einer wichtigen Einrichtung geworden. Sie hat sich gut entwickelt und ist nicht mehr wegzudenken. Auch der Vorschulkindergarten wird dankbar angenommen.

Ein Rückblick auf die vergangenen 10 Jahre zeigt, dass dies nur mit Hilfe vieler Menschen möglich war: Mitglieder, Sponsoren, tatkräftige Unterstützer bei Aktionen und Organisationen haben an das Unternehmen geglaubt und zum Erfolg des Projekts beigetragen.

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Ein weiterer wichtiger Punkt war die Zusammenarbeit mit unserem Partnerverein Naw-Bahar in Shimshal. Anfänglich mit dem leider verstorbenen Gründer Bakhtawar Shah und nun mit seinen Stiefsöhnen Amjad Karim und Sajjad Karim. Aber auch eine gute Zusammenarbeit innerhalb unseres Vereins ist Voraussetzung für den Erfolg.

Seit Jahren arbeitet die Vorstandschaft vertrauensvoll und ehrenamtlich zum Wohle des Vereins. Erste Vorsitzende: Wilma Rehkugler, Zweiter Vorsitzender Klaus Kiehling aus Lilientahl, Kassiererin Anneliese Axtmann, Schriftführerin Karin Axtmann und Elfriede und Peter Langer als Beisitzer.

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Unsere Schule

In diesem Jahr war es die 13. Reise nach Shimshal. Josef Schmeh aus Oberteuringen hatte sich dazu entschlossen mitzukommen. Es ist immer gut, einen zuverlässigen Reisepartner mit dabeizuhaben und so verlief das große Abenteuer ohne Komplikationen. Mit dem Flug von Emirates erreichten wir mit Zwischenstopp in Dubai nachts um 02:00 Uhr Islamabad. Von Sajjad, Amjads Bruder, wurden wir in Empfang genommen und der einzige Wunsch war: erst mal schlafen!

Am nächsten Tag eine Rundfahrt durch Islamabad mit Besichtigung der Faisal Moschee. Auf den Margallah Hills konnte die ganze Stadt überblickt werden. 1961 begann man mit dem Bau der neuen Hauptstadt des Landes, denn in Karachi war es den Herren der Regierung zu heiß geworden. Parlaments- und Regierungsviertel, Botschafts-Enklaven und Wohngebiete wurden in Karrees gestopft und mit Buchstaben und Zahlenkombinationen gekennzeichnet. Viele Parks sorgen für ein angenehmes Klima.

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Rawalpindi, die Schwesternstadt von Islamabad. Hier tobt das Leben. Jeder versucht, irgendwie seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, wie dieser Schuster.

Nachts um 03:00 Uhr starteten wir zur Weiterfahrt zu unserem vorläufigen Ziel Gilgit. Der Babusar-Pass war noch schneebedeckt und so blieb es bei der normalen Route. Diese führt durch das wilde Kohistan und da man hier vor Überraschungen nicht sicher ist, hatten wir Polizeischutz. Am späten Nachmittag erreichten wir Gilgit.

Die Weiterfahrt erfolgte über Karimabad, dem Sitz des ehemaligen Fürstentums Hunza. Dann die unvermeidliche Fahrt über den aufgestauten See bei Attabad. Der Wasserstand war nun doch einige Meter gesunken, so dass die zerstörte Brücke bei Sishkat aus dem Wasser ragte.
Ruinen von Häusern und kahlen Bäumen wurden sichtbar. Da die Anlegestelle nun bereits bei Gulmit war, hatte ich den Eindruck, dass der See so nach und nach abgelassen und der KKH von Passu her wieder erneuert wird. Anders lautende Informationen besagen, dass geplant ist, in die Felsen Tunnels zu hauen und für den KKH eine neue Trasse zu errichten. Eine Lösung muss kommen, denn der KKH ist nicht nur eine wichtige Straße für den Warenverkehr aus China, sondern auch für die Verbindung zum Arabischen Meer. Nach der Überfahrt fanden wir noch einen Jeep, der bereit war, uns nach Shimshal zu bringen.

Am ersten Tag besuchten wir die Schule. Der neue Direktor Shauqat und die kleinsten Schulkinder begrüßten uns mit Blumen und einem Kurzprogramm mit allerhand Darbietungen. Mit der Feststellung, dass die Schülerzahl gewachsen ist, beendeten wir den Rundgang durch die Klassenzimmer. Bei den Lehrerinnen, die von auswärts kommen hat es wieder Wechsel gegeben. Und so ist nun der größte Teil nicht mehr von Gilgit, sondern von Gulmit und Gulkin, also Orte, die hinter dem aufgestauten See liegen und so besser erreichbar sind. Die Hälfte unserer 14 Lehrkräfte ist in Shimshal ansässig, dort verheiratet und zählt zum wertvollen Stammpersonal. Unser neuer Direktor kommt aus Gulkin und ist sehr motiviert, durch Fortbildung der Lehrkräfte das Niveau nicht nur zu halten sondern es noch zu verbessern.

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Es wurde besprochen, dass die Räume mit einem neuen Anstrich versehen werden sollen. Gerade in den Räumen der kleineren Schüler ist festzustellen, dass die ehemals weiße Farbe nun doch sehr gelitten hat. Durch abwaschbare Farben in der unteren Wandhälfte soll der Anstrich möglichst lange ansehnlich bleiben. Danach wurden die vom SEZ finanzierten neuen Schulmöbel in die Klassenräume gebracht. Vom 01. August bis 15. September ist Ferienzeit und mittlerweile erreichte mich die Nachricht, dass alle Arbeiten erledigt sind.

Mit Sajjad besichtigten wir den Ursprung einer Quelle, aus der erstaunlich viel Wasser kommt. Ich hatte mir bisher nie Gedanken gemacht, woher eigentlich dieses reine Wasser kommt. Vom Shimshal Fluss konnte es nicht kommen, denn er führt, gerade zur Zeit der Schneeschmelze eine Menge an Kies, Sand und sonstigen Bestandteilen mit sich. Das Wasser kommt von den Bergen und wäre ideal für eine Wasserleitung, die direkt zu unserer Schule führt. Es sind zwar ungefähr 2 Kilometer zu überwinden, das wäre aber durch Arbeitseinsatz zu bewerkstelligen. Mit einem Wassertank, der in die Höhe gesetzt würde und Leitungen zu dem abfallenden Gelände unserer Schule wäre die Wasserversorgung komplett. Davon könnten vor allem auch die Frauen profitieren. Es ist immer noch ihre Aufgabe, mit Kanistern das Wasser von der Quelle zu holen, was im Sommer gerade noch erträglich ist. Bevor hier im nächsten Jahr ein Antrag bei einer Organisation gestellt wird, muss noch überprüft werden, wie das Ganze bei niedrigen Temperaturen funktionieren kann.

Viel Zeit zum Ausruhen blieb uns nicht in Shimshal, die Tour in den Pamir zu den Hochweiden sollte noch vor dem Schulfest stattfinden.

Mit Sajjad als Guide starten wir zu dem langen Marsch durch das Shimshal-Tal. Nach den ersten Anhöhen ging es bergauf und bergab, auf in den Fels gehauenen Trassen. Wie es sich herausstellte, wurden diese im letzten Jahr saniert und die gefährlichsten Stellen entschärft. Trotzdem sind die beiden ersten Tage eine Herausforderung, bis man am dritten Tag Ghujerab, die erste Ansiedlung, erreicht. Im Hochsommer sind die Frauen mit den Tieren weiter oben in Shuwert. Die wunderschöne Landschaft, die wir bei strahlendem Sonnenschein genießen konnten, kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, wie hart das Leben hier oben ist. 

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Eine Frau ist mit dem Kopf auf die steinerne Fassung des Herdes gefallen und liegt nun im Koma. Auch aus diesem Grunde fällt uns der Abschied schwer, denn wir wissen nicht, ob sie den Tag überlebt. Dennoch treten wir den Rückmarsch an, denn einige Pflichten warten noch auf Sajjad. Unterwegs erfahren wir, dass die Frau gestorben ist.

Das Schulfest wurde gut vorbereitet von unserem neuen Direktor Shauqat und den Lehrerinnen. Zwischen Darbietungen von Sketchen, Tänzen und Gesang wurden Reden gehalten. Auch ich habe eine Rede vorbereitet und gebe meiner Freude Ausdruck, dass die Schule inzwischen so gut von der Bevölkerung angenommen wird. Die Halle ist voll gefüllt und so nehme ich die Gelegenheit wahr, die Bevölkerung über das neue Energieprojekt zu informieren.

Auch die wichtigsten Dorfbewohner nehmen wieder teil und übergeben den besten Schülern Preise und Belobigungen. Unser neuer Direktor, der seit 1. April 2012 im Amt ist, hat nun Gelegenheit sich der gesamten Elternschaft vorzustellen. Sein Vorgänger Shaheen Karim, der die Chance wahrnahm die Stelle als Zweiter Bürgermeister anzunehmen, hielt eine Abschiedsrede. Die Erfolgsquote unserer Schüler ist insgesamt sehr hoch und liegt seit all den Jahren zwischen 95% und 98%. Anschließend wurde zum Imbiss ins Lehrerhaus geladen.

Am Nachmittag besucht mich die Mutter von Shaista, die bereits durch eine Sponsorin unseres Vereins gefördert wird. Sie ist Witwe und sehr um die Bildung ihrer drei Töchter besorgt. Für sie selbst wäre es unmöglich, eine Weiterbildung nach dem Abschluss der 10. Klasse in unserer Schule zu finanzieren. Nun geht es um Narima, die zweitälteste Tochter, die gerne das College besuchen würde. Ich verspreche, mich darum zu kümmern. Zwischenzeitlich ist die Unterstützung durch ein Vereinsmitglied gesichert und so ist Narima nun seit August im gleichen College in Alibad, wie ihre Schwester Shaista.

Am Abend sind wir im Lehrerhaus zum Essen eingeladen. Die lange Wartezeit bis zum gemeinsamen Mahl wurde mit einem sehr guten Essen belohnt. Gut und gern 20 Personen waren eingeladen und da war mir klar, dass die Zubereitung von Reis und Huhn Zeit in Anspruch nehmen muss.

Gerne folgten wir den Einladungen befreundeter Familien. So waren wir auch bei Rajab Shah, dem wohl bekanntesten Bergsteiger Pakistans und nun Schwiegervater von Surriya, der einzigen Tochter von Bakhtawr Shah. Wie immer bin ich beeindruckt von ihm und genauso erging es meinem Begleiter Josef Schmeh, der die vielen Urkunden und Medaillen bewunderte. 

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Links: Rajab Shah, der wohl bekannteste Bergsteiger Pakistans und Mitbegründer von Naw Bahar

Das wichtigste Fest für die Ismaeliten ist Salgirah am 11. Juli, dem Geburtstag des Religionsoberhauptes Aga Khan. Im ganzen Dorf sind die Vorbereitungen für das große Fest spürbar. In der Jamathkana finden die Festlichkeiten statt. Die Musikkapelle marschiert ein, junge Mädchen singen religiöse Lieder, Reden und Gebete werden gehalten. 

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Die nächsten Tage waren ausgefüllt mit Schulbesprechungen. Im Lehrerzimmer wurden alte und neue Lehrkräfte begrüßt und die schönen Kugelschreiber der Sparkasse Bodensee aus Oberteuringen verteilt. Nach Schulschluss wurden mit Shauqat nochmals alle Klassenräume und die Räume des Vorschulkindergartens mit den wissenschaftlichen Räumen besichtigt. Stolz zeigte er die gut ausgerüstete Bücherei und erläuterte den Ausleihvorgang. Auch im Computerraum funktioniert alles einwandfrei. Die Geräte werden durch einen Generator betrieben, der im Zuge der vom BMZ geförderten Baumaßnahmen angeschafft wurde. 

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Insbesondere die jüngere Generation bringt große Wertschätzung der Leistung von Bakhtawar Shah entgegen. Hat er doch vielen durch den Besuch der Schule nicht nur eine gute Bildung, sondern auch die Chance zum Besuch des College oder der Universität ermöglicht. Das Kricket-Turnier vom 14. Juli fand deshalb zu seinem Gedenken statt.

Ein Anlass war auch die Eröffnung eines kleinen Hauses, das eine Familie in Gedenken an ihren verstorbenen Sohn in Eigenleistung mit den jungen Leuten gebaut hat und nun eröffnet wurde. Es soll der Jugend für Aktivitäten und Zusammenkünfte zur Verfügung gestellt werden. Josef Schmeh und ich waren wieder Ehrengäste. Ich durfte das neue Gebäude und das Kricketturnier offiziell eröffnen. 19 Mannschaften aus Gojal waren angereist: Gulmit, Gulkin, Passu, Chiporsan, Moorkhun, Soest - alle waren vertreten und teilweise mit mehreren Mannschaften gekommen. Auch Shimshal nahm mit 3 Mannschaften teil, davon ein Team, das aus unseren Schülern bestand. Leider gingen sie nach 14 Tagen Turnierzeit nicht als Sieger hervor, sondern ein Team aus Gulkin, der Heimat unseres neuen Direktors. 

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Eröffnung des neuen Gebäudes und des Kricketturniers durch Frau Rehkugler

Da der Flug von Gilgit nach Islamabad immer eine unsichere Sache ist, war es sinnvoll, zeitig an die Rückreise zu denken. Obwohl die Fahrt durch eine grandiose Felsenlandschaft immer wieder faszinierend ist, ist man letztendlich doch froh, mit Erreichen des Karakorum-Highways wieder den Anschluss an den Rest der Welt zu bekommen. In Passu dann ein zufälliges Treffen mit Hunar Beigh, ein Freund seit der ersten Reise nach Pakistan 1998. Er meinte, dass wohl alle Bootsfahrer streiken würden und somit eine Überfahrt über den See nicht möglich wäre.

Überraschenderweise stand dennoch ein Boot zur Verfügung und als mir in Gulmit eine Person aus einer Reisegruppe als Mir (Fürst von Hunza) vorgestellt wurde, erschien mir das unglaubwürdig. Eine gefährliche Situation am anderen Ende des Ufers, die an Dramatik nicht zu überbieten war, wurde aber dann durch den immer noch hohen Status dieser Person zum Guten gewendet. Danach gab es keinen Zweifel mehr, das war tatsächlich der Mir des ehemaligen Fürstentums Hunza. Eine Staubwolke erwartete uns am anderen Ufer. Verstaubt und müde musste in Karimabad der Besuch der Mädchen Roshan und Shaista in Aliabad auf den nächsten Morgen verschoben werden. Es war dann leider nur ein kurzer Besuch, doch die Überzeugung, dass es ihnen gut geht, konnte mit nach Hause genommen werden.

In Gilgit angekommen kam wie jedes Jahr die wichtige Frage auf: Ist ein Flug nach Islamabad möglich, macht das Wetter mit? Das schon bei der Ankunft gekaufte Ticket gab dafür keine Garantie. Alles Hoffen war umsonst, denn gerade am gebuchten Tag fiel der Flug aus und so blieb wieder die Rückfahrt mit dem Jeep über den Babusar Pass, der eine Abkürzung bedeutet und landschaftlich einiges zu bieten hat.

Von der letzten Bleibe in einem Hotel in Rawalpindi fuhren wir nachts auf den Flughafen und traten ohne Probleme unsere Rückreise an.

Als Rückblick auf die Reise bleibt alles in schöner Erinnerung: Der Fortschritt der Schule, die Menschen von Shimshal, die Tour in den Pamir mit den Frauen dort oben, die Festlichkeiten und die herzliche Gastfreundschaft.

Wilma Rehkugler, 1. Vorsitzende 


Spendenkonten des Vereins
 

Sparkasse Bodensee:

IBAN: DE92 6905 0001 0020 1366 44 /// SWIFT-BIC: SOLADES1KNZ

Raiffeisenbank Oberteuringen:

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