Reisebericht 2021 - September

Eine Reise nach Pakistan war ursprünglich für dieses Jahr nicht geplant. Obwohl ich bereits den vollen Impfschutz hatte, erschien es mir zunächst doch besser, auch in diesem Jahr die Reise nicht anzutreten.

Ende Juli bekam ich dann die Nachricht, dass das Filmteam die auf dieses Jahr verschobene Doku „Die gefährlichsten Schulwege der Welt“ in Shimshal drehen wollte. Eine gute Gelegenheit, dabei auch unseren Verein und die Schule vorzustellen.

Mein Online-Visa war innerhalb kurzer Zeit da und so buchte ich anschließend den Flug für den 26.08.2021. Leider kam daraufhin dann Nachricht vom Filmteam, dass die Doku dieses Jahr aufgrund bürokratischer Probleme nicht in Pakistan gedreht werden kann und erneut verschoben werden muss.

Von Zürich aus ging es nach Islamabad und von dort aus weiter nach Gilgit per Fahrzeug über Balakot, Kaghan und den Babusar Pass in nur 10 Stunden. Diese Strecke wird nun Zug um Zug ausgebaut, denn der Bau des Basha-Diamir-Staudammes westlich von Chilas ist in vollem Gange. Der Karakorum Highway wird mit einem 100 km langen Stausee überflutet. Eigentlich wollte ich diese Strecke per Flug zurücklegen, jedoch wurde dieser dreimal gecancelt. Wenn auch in der Hauptstadt strahlendes Wetter herrscht, kann bei schlechter Witterung im Norden nicht über das Gebiet des großen Nanga Parbat Gebirgsmassivs geflogen werden, da es hier keine Kommunikation oder Radar gibt und nur auf Sicht geflogen wird.

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Willkommensfest im Wohnheim: Es wurde getanzt , gesungen und viel gelacht.

Von Gilgit aus ging die Weiterfahrt dann zügig nach Karimabad, um unserem dortigen Wohnheim einen Besuch abzustatten. Die regelmäßigen Nachrichten über den laufenden Betrieb waren immer gut ausgefallen, die Realität des Betriebsablaufes und die damit einhergehende Verantwortung für 82 Mädchen konnte ich jedoch bei meinem Besuch vor Ort direkter erfahren. Wie immer wurde ich sehr herzlich begrüßt und gut aufgenommen.

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Festtagsstimmung beim Willkommensfest. Die Mädchen besuchen ein College , die jungen Frauen die nahe gelegene Karakorum Universität oder machen eine Berufsausbildung.
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Der Abend macht mir viel Freude. Von links: Muhammad Baqir (Wachmann). Muhammad Abbas (Kassier), Wilma Rehkugler, Hussn Bibi (Hausdame und eine Hausangestellte.

Für den ersten Tag war eine Willkommensparty angesagt, bei der wie immer ausgiebig getanzt, gesungen und gelacht wurde. In den Redebeiträgen der Bewohnerinnen und Verantwortlichen wurde große Wertschätzung zum Ausdruck gebracht, hier in diesem schönen Haus leben und die Ausbildung fortsetzen zu können.

Von Hussn Bibi, der Hausdame, werde ich über die einzelnen Werdegänge der Mädchen und jungen Frauen informiert, die entweder in das nahe gelegene staatliche College oder in die Zweigstelle der Internationalen Karakorum Universität gehen. Einige sind hier, um eine Berufsausbildung zu machen. Beachtenswert ist, dass Hussn, sofern erforderlich, die Mädchen zu Prüfungen oder anderen wichtigen Terminen begleitet.

Was die Küchenmitarbeiterinnen leisten, um die täglichen drei Mahlzeiten auf den Tisch zu bringen, ist enorm. Nach dem Frühstück wird sofort damit begonnen, das Mittagessen zuzubereiten. Am Nachmittag gibt es dann Tee mit einem kleinen Imbiss. Der Abend endet mit dem Nachtessen. Die Bewohnerinnen beteiligen sich mit einem Essensbeitrag an den Kosten, das Personal wird von unserem Verein bezahlt. Die Zimmer mit den sanitären Anlagen werden von den Bewohnerinnen sauber gehalten, was durch einen festen Arbeitsplan geregelt ist.

Die Personaldecke besteht aus den vier Küchenmitarbeiterinnen, der Hausdame Hussn Bibi, einer Verwaltungsmitarbeiterin und dem Wachmann; als „best man“ erledigt er kleinere Reparaturen und kümmert sich auch um die Belange der Bewohnerinnen. Er hat im Unter- geschoß einen kleinen separaten Raum zur Verfügung.

Unsere Projektpartner Wahab Ali Shah, Qudrat Ali Shah und Mohammad Abbas arbeiten ehrenamtlich. Sie sind die Ansprechpartner vor Ort, wenn es um erforderliche Neuanschaffungen geht.

Aktuell war dies die Solartherme, die nun installiert ist und gute Dienste leistet. Jetzt steht ausreichend warmes Wasser zur Verfügung. Insgesamt gibt es sechs Wassertanks, die mit 5000 Liter Wasser das Haus versorgen.

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Das Wohnheim ist nun in den 20 Räumen voll besetzt.
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Die neu installierte Solartherme liefert nun ausreichend warmes Wasser für das Haus. Dazu wurden 2 neue Wassertanks notwendig. Hussn Bibi, Wahab Ali Shah und Qudrat freuen sich darüber.

Hunza mit der Hauptstadt Karimabad liegt in der Mitte von Hochgebirgen. Um unter den vorherrschenden klimatischen Bedingungen fruchtbare Siedlungsoasen zu ermöglichen, wurden unter der vormaligen englischen Kolonialmacht Kanäle angelegt, um die Ernährung der Bevölkerung mit dem Anbau von Weizen und Reis zu gewährleisten. Mit diesem Kanalsystem wurde das Schmelzwasser in die Täler geleitet, um die Selbstversorgung zu sichern. Bislang wurde das Wohnheim aus einer nahe gelegenen Quelle mit Wasser versorgt, die aber nun keine Trinkwasserqualität mehr liefert.

Verhandlungen mit der Verwaltung von Karimabad ergaben, dass das Wohnheim an eine öffentliche Leitung angeschlossen werden soll, die sauberes Trinkwasser garantiert. Für den Anschluss müssen jedoch eine 600 m lange Wasserleitung gegraben und neue Leitungen verlegt werden.

Durch die großzügige Zuwendung der Schwäbischen Zeitung von der Aktion „Helfen macht Freude“ konnte nicht nur die Solartherme, sondern auch diese Wasserleitung finanziert werden. Nochmals vielen herzlichen Dank dafür!

Mit dem Versprechen, noch einmal wiederzukehren, machte ich mich auf den Weg nach Shimshal. Die Jeep Road war gut befahrbar; die Überschwemmungen vom Sommer boten keine Hindernisse mehr auf dieser einzigen Verbindungsstraße nach Shimshal, dem Karakorum Highway, und damit zur Außenwelt.

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Die Felder in Shimshal sind abgeerntet. Mit dem Weizen als wichtige Nahrungsquelle sind die Chapatis (runde Fladenbrote) bis zum nächsten Jahr gesichert.
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Es gibt nun einige Dreschmaschinen, die die Arbeit erleichtern.

Unsere Schule

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Auch hier führte mein erster Weg in die Schule, war sie doch auf staatliche Anordnung bis Anfang September geschlossen. Mit Hassan ging ich von Klassenzimmer zu Klassenzimmer, angefangen bei den Neuankömmlingen bis hin zu den höheren Klassen.

Meine Erwartungen waren hoch, denn fünf Mädchen hatten nach den Prüfungen die Schule mit Bestnoten verlassen. Das bedeutet, dass sie von 1000 Punkten mindestens 950 erreicht hatten. Dies war auch den Lehrern zu verdanken, die in der Zeit der Schulschließung die Schüler zu Hause unterrichteten.

Ich konnte mich davon überzeugen, wie engagiert die Lehrer den Unterricht gestalten und wie die 220 Schüler mit großem Interesse bei der Sache waren. Bildung ist alles und der Grundgedanke beim Bau der Schule war ja der, insbesondere Mädchen einen Abschluss der 10. Klasse zu ermöglichen, um dann gegebenenfalls mit weiterführenden Bildungsmaßnahmen gute Zukunftschancen zu haben.

Besuch in den Klassenzimmern während der Unterrichtsstunden

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In Shimshal selbst und in der Schule durfte ich ebenfalls große Wertschätzung darüber erfahren, was unser Verein in den vergangenen 20 Jahren geleistet hat. Am Tag vor meiner Abreise gab es auch hier eine Abschiedsveranstaltung. Mit mir zusammen wurde der Rektor verabschiedet, der nach zweijähriger Tätigkeit nun wieder in seine Heimat Ishkoman zurückkehren wird. Mit seiner gehobenen Ausbildung hat er an unserer Schule viel bewirkt; seine Stelle wird nun neu besetzt.

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Die Lehrerschaft verabschiedet Herrn Jahangir Khan, der bisher als Rektor gewirkt hat. Rechts neben Frau Rehkugler, die nach dem Besuch der Schule ebenfalls verabschiedet wird.

Eindrücklich schilderte Hassan in seiner Rede wie maßgeblich unser Verein an der Bildung der Kinder und Jugendlichen beteiligt war und ist. Das Aga Khan Management hatte zwar in während der Epidemie, als das Einkommen der Bewohner durch den Wegfall des Tourismus und anderer Erwerbsmöglichkeiten gesunken war, das Schulgeld reduziert, nun steht aber eine Erhöhung an. Dank der Mitgliedsbeiträge und Spenden sind wir auch weiterhin in der Lage, die Eltern mit Schulgeld zu unterstützen. Wie mir Hassan erklärte und anhand von Listen zeigte, wird in persönlichen Gesprächen überprüft, wer für diese Leistung tatsächlich aufgrund der Bedürftigkeit infrage kommt.

Da die Gebäude 2019 an die Gemeinde übergeben wurden, hat diese mit der Agha Khan Organisation vereinbart, nach den Corona-Schließungen neue Schulmöbel anzuschaffen und die Außenanlagen des Lehrerinnenhauses zu renovieren. Das Schulgebäude selbst, das 2006 fertig gestellt wurde ist solide mit geschlagenen Steinen gebaut und demzufolge noch in sehr gutem Zustand.

Der Abschied von Shimshal fiel mir schwer, hatte ich doch einmal mehr viel Herzlichkeit und Freundlichkeit erfahren. Nach einem letzten Besuch im Wohnheim ging es dann zurück nach Gilgit und von dort in einem 45-minütigem Flug zurück in die Hauptstadt Islamabad. Voll von vielfältigen Eindrücken trat ich dann am 27.09.2021 die Heimreise an.

Wilma Rehkugler, 1. Vorsitzende         Karin Axtmann, Schriftführerin

 

Um die Projekte am Laufen zu halten und die versprochene Unterstützung für Schule und Wohnheim leisten zu können, sind wir auch weiterhin auf Spenden angewiesen.


Spendenkonten des Vereins
 

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Shimshal_Reisebericht-2021-September.pdf

Dateityp: .pdf - Dateigröße: 1,6 MB - Revisionsdatum: 09.11.2021 - Downloads: 95

Revision: 10.11.2021 - 10:55