Reisebericht 2015 - Frühjahr

Bericht über die Reise im März/April nach Shimshal zu unserem Schulprojekt

Im Bericht zur Jahreshauptversammlung 2015 hatten wir über das vergangene Jahr 2014 berichtet, aber auch über Planungen für das laufende Jahr 2015. Im Vordergrund stand die Reise nach Pakistan, die schon für den 15. März gebucht war. Da sich das Frühjahr besonders gut eignet, um in Nepal Touren zu machen, war dieses Vorhaben fest eingeplant.

Als bewährter Reisebegleiter war wieder Josef Schmeh dabei.

Unser Schulprojekt im März 2015 - von links: Schule, Lehrerinnenhaus, Vorschulkindergarten und Magazin/Lehrerhaus
Unser Schulprojekt im März 2015
von links: Schule, Lehrerinnenhaus, Vorschulkindergarten und Magazin/Lehrerhaus

Die Reise

Mit Qatar Airways erreichten wir am Morgen des 16.03.2015 Islamabad. Wahab Ali Shah, unser Projektkoordinator, wartete schon am Flughafen. Es regnete in Strömen, obwohl der Monsun kalendermäßig noch lange nicht zu erwarten war. Nach einem Tag Pause brachen wir dann mit einem Jeep Richtung Gilgit auf. Der Karakorum Highway ist nun in einem deutlich besseren Zustand. Dies kann sich jedoch schnell ändern, denn Regenfälle verursachen häufig Erdrutsche.

Durch Vermittlung eines Bekannten kam es zu einem Treffen mit einem bekannten Polospieler, der uns die Stallungen zeigte, wo die rund 30 Pferde untergebracht sind; nachmittags nahm er uns mit zu einem Spiel. Das war hochinteressant.

Erneut ging es über Karimabad, das letzte Mal mit dem Boot ein kurzes Stück bis Gulmit. Die Straße rechts vom See wurde mit Hilfe der chinesischen Regierung in Rekordzeit fertig gestellt. Nach Passu reisten wir weiter auf der Jeeproad Richtung Shimshal. Nach wenigen Kilometern kamen wir an einen frisch entstandenen Erdrutsch, die halbe Straße war verschwunden.

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Kleine Zwangspaues wegen "Straßenschäden"

Aber da alle zusammen helfen, die gerade des Weges kommen, konnte die Weiterfahrt nach Shimshal schon eine Stunde später fortgesetzt werden.

Nach unserer Ankunft in Shimshal wurde ich mit Neuigkeiten konfrontiert, die mich doch lange Zeit beschäftigen sollten.

In Shimshal erwartete uns eine Abordnung mit dem Bürgermeister zur Begrüßung mit der Bitte, uns am nächsten Tag zu einer Besprechung mit hochrangigen Leuten des Aga Khan Education Service Pakistan (AKESP) Aga Khan Bildungs-Service Pakistan einzufinden.

Wie schon im Bericht der Mitgliederversammlung erwähnt, hatte Shimshal ein Problem mit der kleinen Aga Khan Schule, die von einer Abteilung der Aga Khan Organisation AKESP (Aga Khan Education Service Pakistan, Aga-Khan-Bildungs-Service Pakistan) unterhalten wurde. Im letzten Jahr waren wir um einen Zuschuss für die Renovierung gebeten worden, was jedoch von unserer Seite abgelehnt worden war. Wie sich später herausstellte, hätte eine Zuschussgewährung für die Renovierung auch ihr Ziel verfehlt, denn ein Bau-Ingenieur aus Gilgit hatte kurz vor unserem Besuch die Baufälligkeit des Gebäudes festgestellt und verboten, die Kinder dort zu unterrichten.

Die Leute von der Aga-Khan-Schule hatten also ein handfestes Problem. Nach allem, was wir heute wissen, komme ich zur Erkenntnis, dass AKESP sich die Sache einfach machen wollte und offenbar die Übernahme unserer Schule - als Ersatz für das unbrauchbare Schulgebäude - geplant war. Bei verschiedenen Treffen wurde das aber vorher nicht so deutlich in den Raum gestellt; vielmehr wurden verschiedene „Optionen“ dargelegt.

Die komplette Übernahme durch AKESP hatten sich diese Leute so vorgestellt, dass sie die Lehrer bereitstellen und wir nach wie vor diese Lehrer direkt an diese Organisation bezahlen. Obwohl die Aga-Khan-Stiftung eine große nichtstaatliche Entwicklungshilfeorganisation ist, werden speziell hier die Lehrer und auch der Verwaltungsaufwand normalerweise vom Schulgeld der Kinder bezahlt. Diese € 8 bis € 15 monatlich können sich die wenigsten Eltern in Shimshal leisten. Die Hilfe unseres Vereins stand immer jedoch dafür ein, allen Kindern eine gute Schulbildung zu ermöglichen und - abgesehen von einem kleinen Betrag als Schulgeld - die Kosten der Lehrer fast vollständig zu übernehmen.

Federführend für diese Aktion war die Generalmanagerin von AKESP Kadija Khan, die dann sehr rasch einen Vertragsentwurf mit der Option „Komplett-Übernahme der Schule“ darlegte. Nachdem unsere Vorstandschaft diese Option strikt ablehnte, ging es darum, Alternativen zu entwickeln. Denn es musste rasch eine Lösung für die nun insgesamt mehr als 300 Kinder gefunden werden, da am 15. August die Ferien zu Ende waren und viel Unterrichtsstoff auch für unsere Schüler, nachgeholt werden musste.

Letztendlich schalteten sich der Präsident von Hunza, Sharif Khan, die Hauptniederlassung von Aga Khan in Karachi sowie der Bürgermeister von Shimshal in die Verhandlungen ein, wobei uns auch Amjad Karim, unser ehemaliger Schulmanager eine große Hilfe war.

Obwohl wir diese enge Zusammenarbeit gerne vermieden hätten, schien es mir zu riskant, die Schule weiterhin ausschließlich durch unseren Partnerverein NAW Bahar betreiben zu wollen und die AKESP vollkommen abzulehnen. Mit einem offenen Machtkampf wäre zu viel Risiko verbunden gewesen, denn die Aga-Khan-Leute sind zu einflussreich, um sie ignorieren zu können. Zumindest sehr unsicher vorherzusagen war auch, wie die lokale Verwaltung im Ernstfall agieren würde.

Es war also einerseits das Wohl der Kinder der Aga-Khan-Schule zu berücksichtigen. Zugleich galt es, unser zentrales Ziel eines weiterhin selbständigen Schulbetriebs nach unseren Prinzipien durchzusetzen. Im Kern lief unsere Position dann auf den Kompromiss hinaus, dass wir weiterhin den Vorschulkindergarten betreiben sowie die Klassen 1 bis 5 weiterhin als unsere Schule führen und sie mit Lehrern versorgen, die wir bezahlen.

Im Ergebnis werden künftig die Klassen 6 bis 10 an die AKESP übergeben. Diese Entscheidung erschien mir insofern sinnvoll, als es in letzter Zeit öfters Probleme gab, hier wirklich gute Lehrkräfte zu bekommen. Hier haben diese Leute doch mehr Möglichkeiten. Die AKESP wird nur Gast in unserer Schule sein und eine Übernahme der Gebäude kommt - zumindest vorläufig - nicht in Frage. Diese Gebäude gehören dem Partnerverein NAW Bahr und dürfen nur mit unserer Genehmigung weitergegeben werden. Dies ist auch vertraglich für die BMZ-Projekte so festgelegt. Die nun getroffene Vereinbarung ist zunächst befristet und gilt bis zum 31.07.2016.

Liebe Mitglieder und Förderer unseres Vereins, ich hoffe, dass diese Vereinbarung auch Ihre Zustimmung findet. Es ging mir darum, im Wege eines Kompromisses die beste Lösung für die Schüler und unseren Verein zu erzielen.

In Kürze werde ich erneut die Reise auf eigene Kosten nach Pakistan antreten, denn es muss sichergestellt werden, dass die nachfolgend beschriebenen Vereinbarungen eingehalten werden.

Über diese Problematik werden wir ausführlich bei der nächsten Mitgliederversammlung berichten. Falls jetzt schon Fragen auftreten, was durchaus verständlich wäre, bin ich unter der Telefonnummer 07546 - 2050 erreichbar und rufe auch gerne zurück.

Ganz wichtig ist nun, dass der Verein weiterhin Ihre Unterstützung bekommt, sei es in Form einer Mitgliedschaft oder als Spende. Unsere Aufgaben sind auch künftig nahezu dieselben und sehr vielfältig: Bezahlung der Lehrer, Unterstützung besonders armer Schüler der oberen Klassen, die sich das Schulgeld von AKESP nicht leisten können. Und nicht zuletzt die Unterstützung der Studenten, die nun in Karimabad, Gilgit oder Islamabad weiterstudieren, was ohne unsere Zuschüsse nicht möglich wäre.

* Die Aga-Khan-Stiftung ist eine nicht konfessionsgebundene, nichtstaatliche Entwicklungshilfe-Organisation, die 1967 von Karim Aga Khan IV. gegründet wurde. Die Stiftung hat zum Ziel, kreative Lösungen für Probleme, die soziale Entwicklung behindern, zu entwickeln und zu fördern – speziell in Asien und Ostafrika. Mit dem Hauptsitz in Genf verfügt sie über Niederlassungen und unabhängige Tochtergesellschaften in 15 Ländern. Der Aga Khan unterstützt die Stiftung mit regelmäßiger Finanzierung für die Verwaltung und neuen Programminiativen sowie Beiträgen zu ihrer Ausstattung. Weitere Finanzierungsquellen umfassen Einkommen aus Investitionen und Zuschüsse der Regierung, Institutionen und Partner aus dem privaten Sektor sowie Spenden aus aller Welt. Die Aga Khan-Stiftung konzentriert ihre Ressourcen auf ausgewählte Themen der Gesundheits-Bildung sowie Landwirtschaftsentwicklung. (Text aus Wikipedia)

Im Übrigen erledigten wir die Aufgaben, wegen derer wir an sich nach Shimshal gereist waren: Es mussten die Rechnungen und Listen der Arbeiter für die beiden Projekte „Solar und Neubau“ sowie für die Wasserleitung eingesehen und überprüft werden. Für die notwendigen Abrechnungen und Nachweise nahmen wir diese Rechnungen mit nach Hause. Für die SEZ (Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden-Württemberg) ist dies eine etwas weniger aufwendige Prozedur als für das BMZ (Solar und neues Gebäude).

Dann sollte die offizielle Inbetriebnahme der Solaranlage gefeiert werden. Dieses Vorhaben musste jedoch verschoben werden, da die Batteriesysteme immer noch beim Zoll in Karachi lagerten. Inzwischen ist glücklicherweise alles an Ort und Stelle und die offizielle Eröffnungsfeier ist für Oktober vorgesehen; der Oktober ist in Shimshal traditionell der Monat für Festlichkeiten. Eine weitere Aufgabe ist es, die Unterstützung der auswärtigen Studenten zu regeln. Es werden immer mehr, die unsere Hilfe notwendig haben und so muss hier nachgebessert werden.

Die Reise nahm dann im Weiteren folgenden Verlauf

Am 31.03.2015 wurde das Tangam-Fest nach uraltem Brauchtum begangen. In einem kleinen Raum werden Lorbeerzweige angezündet, so dass bald alles in dichtem Rauch vernebelt ist. Es folgen Rituale, die unseren Brauchtumsritualen teils nicht unähnlich sind. Danach wird draußen der böse Winter vertrieben.

Am Nachmittag wurde dann ein großes Programm geboten mit zahlreichen Persönlichkeiten: es kamen der Präsident von Gilgit Baltistan, der Präsident von Hunza, ein Rektor der Karakorum-Universität mit seiner Ehefrau -um nur einige zu nennen.

Tagsüber war die Temperatur angenehm und so wanderten wir zum Gletscher des Shimshal Whitehorns und auch nach Bandeshar, wo sich viel verändert hat. Hier wurde viel Land kultiviert für den Anbau von Kartoffeln und Getreide.

Bei Schneefall verließen wir am 03.04.2015 Shimshal in Richtung Karimabad. Hier erwartete uns schon der Beginn des Frühlings mit zarten Blüten der Aprikosen- sowie Mandel- und Maulbeerbäumen. Aber auch hier folgten erneut endlose Sitzungen und Gespräche wegen der Schule mit dem gesamten Ausschuss der Aga-Khan-Organisation.

Wir hatten dann wieder Glück: Wir konnten von Gilgit nach Islamabad fliegen. Weiter ging es mit dem Bus nach Lahore, wo wir am 17.04.2015 die Grenze nach Indien passierten und die indische Grenzstadt Amritsar erreichten. Ein absolutes „Muss“ war der Besuch der Tempelanlage mit dem goldenen Tempel, der uns tief beeindruckte.

Über Delhi erreichten wir dann Kathmandu in Nepal. Hier kam es zum Treffen mit alten Freunden, ehemaligen Trägern meiner Trekkingtouren, die sich mit einem bescheidenen Einkommen über Wasser halten. Diesmal sollte es nur eine kleine Tour sein, die uns dennoch alsbald aufbrechen ließ. Zunächst war Dunche das Ziel, welches wir per Jeep erreichten. Geplant war die Erwanderung des Goseinkund-Gebiets mit seinen vielen Seen. Nach einem Aufstieg am ersten Tag über nicht weniger als 1400 Höhenmeter wurde dieser Plan dann jedoch verworfen. Zu viel Eis und Schnee hätten dieses Vorhaben sehr schwierig gemacht. Rasch wurde daher entschieden, stattdessen das Langtang-Gebiet zu erkunden. Als wir nach zwei Tagen unser Ziel schon vor Augen hatten, wurden wir dann vom heftigen Erdbeben überrascht. Der erste Schreck kam vom Grollen der Berge, dann bewegte sich die Erde wie ein großer Pudding hin und her. Auch der Umsicht unseres Guides Chaynga ist es zu verdanken, dass wir diese Katastrophe unverletzt überstanden haben. Die Tour musste abgebrochen werden. Wir konnten ein Militärcamp erreichen, wo nach und nach verletzte Einheimische und auch Touristen eintrafen. Nach einer Nacht in einer provisorischen Hütte wurden wir dann zusammen mit weiteren Touristen sowie Einheimischen nach Kathmandu ausgeflogen. 

Nach einer problemlosen und zudem kostenlosen Umbuchung bei Qatar-Airways kamen wir schließlich am 01.05.2015 wieder wohlbehalten zuhause an.

Ihre Wilma Rehkugler


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Wenn Sie den Reisebericht als PDF-Datei gerne downloaden möchten...

Shimshal_Bericht-2015-Fruehjahr.pdf

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